FoodCoops als Vereine
Bevor ihr euch in die Vereinsgründung stürzt, sollte zuerst die Frage geklärt werden, ob diese Rechtsform für euer konkretes Modell überhaupt notwendig ist. Eine FoodCoop muss nämlich nicht zwingend als Verein organisiert sein und kann ohne weiteres auch eine lose Gruppe von mehreren Privathaushalten sein. Manche FoodCoops existieren auch als Teilprojekte von Dorfentwicklungsvereinen oder die Gemeinde fungiert rechtlich gesehen als Träger des Projekts. Die Gründung eines eigenen Vereins ist also kein Muss.
Allerdings schafft ein Verein sowohl rechtlich als auch grup- pendynamisch einen günstigen Rahmen. Ein Verein gilt als juristische Person und kann daher in eigenem Namen zum Beispiel ein Bankkonto eröffnen, Räumlichkeiten anmieten, Spenden sammeln etc. Ohne diese Gemeinschafts-Rechtsform müsste eine einzelne Privatperson etwa die Teilbeträge einer Sammelbestellung einsammeln oder den Mietvertrag unterschreiben. Diese Privatperson würde im Ernstfall dann alleine zur Rechenschaft gezogen werden. Durch einen Verein werden Haftungsfragen und dergleichen auf mehrere Schultern verteilt, was ja ein wesentlicher Grundgedanke der FoodCoop-Idee ist.
Der Aufwand der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bleibt euch auch ohne Vereinsgründung nicht erspart. Auch als lose Personengruppe sind unbedingt Aufzeichnungen zu führen, aus denen ersichtlich ist, dass hier nicht eine Person, auf die das Konto läuft, einen „illegalen“ Lebensmittelhandel mit Gewinnabsicht betreibt, sondern lediglich das Geld der einzelnen Haushalte einsammelt, um die Sammelbestellung zu bezahlen.
Den rechtlichen Rahmen für Vereine schaffen das Vereinsgesetz 200 2 und auch die Vereinsrichtlinien 2001. Beides ist im Internet einfach auffindbar.
Zu beachten ist, dass auch andere Rechtsbereiche (Hygienegesetze, Gewerbeordnung, ...) Gültigkeit haben! Ein Verein muss sich nicht nur an vereinsrechtlicheVorschriften hal ten!
Nicht zu unterschätzen ist, dass ein Verein einen Nährboden für die Entwicklung eines „Wir-Gefühls“ schafft. Diese Bedingungen können natürlich auch anders erreicht werden, aber insbesondere für neue Personen bewirkt ein formaler Beitritt auch eine emotionale Bindung an die FoodCoop. Der Übergang von der Sichtweise „ich bestelle bei einer Gruppe mit“ zu „ich bin Teil der Gruppe“ wird dadurch erleichtert.
Die Vorzüge eines Vereins sind vielfältig, Aufwand und Kosten dafür sind niedrig. Nicht jeder kleine Freundeskreis braucht eine eigene Rechtsform. Sobald aber die FoodCoop über ein geschlossenes Privatnetzwerk hinausgeht bzw. gewisse Strukturen entwickeln will (z. B. ein angemietetes FoodCoop- Lager im Dorfzentrum), ist die Gründung eines Vereins auf jeden Fall empfehlenswert.
Vereinsstatuten für FoodCoops
Die Herausgabe fertiger Vereinsstatuten für FoodCoops erschien aufgrund der Verschiedenheit der einzelnen Initiativen als nicht sinnvoll. Stattdessen bieten die folgenden Seiten einen „Werkzeugkoffer“, der euch die Erstellung eigener FoodCoop-Vereinsstatuten ermöglichen soll.
Die Tipps zur Einbindung aller Mitglieder aus den vorigen Teilen des Handbuchs gelten auch hier! Die Erstellung der Statuten sollte ebenso wie alle anderen wichtigen Schritte bei der Gründung ein gemeinsamer Prozess sein.
Vorgehensweise zur Erstellung eigener Vereinsstatuten:
1) Besorgt euch eine Statutenvorlage. Das Bundesministerium für Inneres bietet auf seiner Website neben vielen anderen nützlichen Informationen zu Vereinen auch Musterstatuten an.
Achtung es gibt zwei Versionen, in der Standardversion sind die für die Gemeinnützigkeit notwenigen Zusatzformulierungen NICHT enthalten! http://www.bmi.gv.at
2) Eignet euch Basiswissen an. Die IG Kultur Wien hat eine äußerst lesenswerte Broschüre zum Thema Vereinsgründung herausgebracht, zu finden unter dem Titel „Kulturverein gründen und betreiben“.
Achtung, die dortigen Erklärungen sind auf gemeinnützige Vereine ausgerichtet, insbesondere die Aussagen zu Steuerpflichten gelten nicht automatisch für jeden Verein! Es stehen auch Musterstatuten zur Verfügung, die den Bedingungen der Gemeinnützigkeit entsprechen. http://www.igkulturwien.net.
3) Wählt aus dem Werkzeugkoffer diejenigen Tipps und FoodCoop- spezifischen Formulierungen aus, die zu eurer eigenen Initiative passen und integriert diese in die Statutenvorlage.
4) Nehmt bei Unklarheiten zusätzliche Beratung in Anspruch! Es reichen zum Teil schon kleine Abweichungen bei den Formulierungen, um rechtlich anders beurteilt zu werden. Nutzt persönliche Kontakte zu rechtskundigen Personen! In Oberösterreich steht das Projekt „Appetit auf Zukunft“ als erste Anlaufstelle zur Verfügung (www.bio-austria.at/aaz).
Werkzeugkoffer für FoodCoop-Vereinsstatuten
Wichtiger Hinweis zur Verwendung Der Werkzeugkoffer bietet keine vollständige Vorlage für Vereinsstatuten, er dient lediglich als Unterstützung bei der Erstellung, indem die für FoodCoops relevantesten Punkte kommentiert.
Name und Vereinssitz
Laut Vereinsgesetz (§4 Abs.1) braucht jeder Verein einen unverwechselbaren Namen , der einen Schluss auf den Vereinszweck zulässt, z. B. „ Der Verein führt den Namen Food C oop Apfelputz.“ oder „ Der Verein führt den Namen Apfelputz – Food C oop für Ernäh- rungssouveränität in Linz.“
Beim Vereinssitz reicht die Angabe des Ortes ohne genaue Adresse. „Er hat seinen Sitz in Linz.“
Wird auch der Tätigkeitsbereich angegeben, so ist es wichtig, sich durch die Statuten nicht selbst einzuengen. Wird als Tätigkeitsbereich etwa nur der Ort des Vereinssitzes genannt, so ist es laut Statuten nicht möglich, dass der Verein eine Veranstaltung außerhalb des Ortes mitorganisiert. Es spricht nichts dagegen den Tätigkeitsbereich ganz wegzulassen oder ihn großzügig „auf die ganze Welt“ zu definieren.
Vereinszwecke
Die Vereinszwecke beschreiben das große Ziel, also was ganz allgemein mit dem Verein erreicht werden soll. Ein Verein kann durchaus mehrere große Ziele verfolgen, ja es müssen sogar alle Vereinszwecke vollständig, klar und umfassend beschrieben werden. Überlegt euch: „Welche zentralen Ziele wollen wir mit der FoodCoop erreichen?“ Auch an dieser Stelle ist zu beachten, sich durch die Statuten nicht selbst einzuengen, indem etwa nur ein Zweck angegeben wird. Ein Verein darf nur im Sinne seiner Ziele handeln. Da aber nicht jeder Vereinszweck tatsächlich und immer verfolgt werden muss, ist es ratsam eher umfassende Ziele anzuführen als zu wenig. Hier einige Beispiele, die ihr unter den Satz „Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet ist, bezweckt“ schreiben könnt:
- Die Förderung eines nachhaltigen Konsumverhaltens im Sinne von Ernährungssouveränität, also ökologisch und sozial verträglich, sowie lokal selbstbestimmt und selbstverwaltet.
- Förderung des Umwelt-, Gesundheits- und Ernährungsbewusstseins.
- Bewusstseinsbildung und Aufruf zu aktiver Mitgestaltung der Region. Konsumentinnen sollen als mündige Bürgerinnen agieren, denen die Auswirkungen ihres Einkaufsverhaltens nicht nur bewusst sind, sondern die im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch Verantwortung übernehmen und durch ihr Handeln zu Ernährungssouveränität beitragen.
- Förderung von Produktion und Verteilung von Lebensmitteln und anderen Naturprodukten, die mit den Prinzipien von Ernährungssouveränität in Einklang stehen.
- Förderung des Bewusstseins, dass wir als Konsumentinnen mehr tun können als einfach nur einkaufen, und durch unser Engagement einen Beitrag zu Ernährungssouveränität leisten können.
- Förderung des Soziallebens in der Gemeinde/lokaler Netzwerke/regionaler Wirtschaftskreisläufe/Nahversorgung/ ... Förderung von Esskultur, gesunder Ernährungsweise, Wissen und Fertigkeiten zum Thema Lebensmittel, von der Produktion der Rohstoffe bis zur Zubereitung Persönlichkeitsbildung/Förderung von Demokratieverständnis/gruppentauglichem Sozialverhalten durch die Teilnahme an basisdemokratischen Prozessen und das Übernehmen von Verantwortung in der FoodCoop.
Anmerkungen: Der Begriff Ernährungssouveränität wird bei den Beispielen quasi als Sammelbegriff für verschiedene unterstützenswerte Themenfelder verwendet. Es können auch detailliertere Formulierungen verwendet werden, aber nicht vergessen: umfassend und vollständig!
Strebt der Verein Gemeinnützigkeit an, so muss der Einführungssatz an dieser Stelle lauten: „Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet ist, und der ausschließlich und umittelbar gemeinnützige Zwecke nach §§ 34 ff BAO verfolgt, bezweckt ...“
Jeder der danach angeführten Zwecke muss den Bedingungen der Gemeinnützigkeit entsprechen.
Es kann an dieser Stelle nicht gewährleistet werden, dass die oben genannten Beispiele einer Gemeinnützigkeitsprüfung standhalten, sie wurden darauf nicht überprüft. Denn ob gemeinnützig oder nicht ist für FoodCoops nicht die entscheidende Frage. Siehe dazu das Kapitel über Steuerpflichten.
Tätigkeiten und finanzielle Mittel
Die Tätigkeiten (auch „ideelle Mittel“ genannt) und finanziellen Mittel zur Verwirklichung des Vereinszwecks müssen vollständig angegeben werden, wobei auch bei dieser Auflistung gilt besser zu umfassend, als zu wenig. Schreibt daher sämtliche Ideen in die Statuten, die ihr unter Umständen in Zukunft umsetzen könntet. Die Tätigkeiten dürfen nicht mit den Zielen verwechselt werden: Es ist zu unterscheiden zwischen der Frage „Welche zentralen Ziele wollen wir mit der FoodCoop erreichen?“ und „Was macht die FoodCoop, um diese Ziele zu erreichen?“
„Als ideelle Mittel dienen ...“
- Bereitstellen von Infrastruktur (Räumlichkeiten, IT) für einen Umschlagplatz von Waren, die im Einklang mit den Vereinszielen produziert wurden.
- Ermöglichung von persönlichem Kontakt zwischen Konsumentinnen und Produzentinnen bzw. anderen Akteuren des Lebensmittelsystems.
- Veranstaltungen, Vorträge, Exkursionen, Diskussionsabende Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen Initiativen für Ernährungssouveränität
- Öffentlichkeitsarbeit
- Herausgabe von Infomaterial usw.
Führt alle Tätigkeiten auf, die euer FoodCoop-Unternehmen KÖNNTE: Es ist kein Problem, wenn ihr dann nicht alle schafft.
_Die erforderlichen materiellen Mittel sollen aufgebracht werden durch:
- Beitrittsgebühren
- Mitgliedsbeiträge
- Spenden
- Subventionen und Zuwendungen der öffentlichen Hand
- Schenkungen, ...
Listet alle Möglichkeiten auf, wie eure FoodCoop finanziert/materiell unterstützt werden KÖNNTE! Es müssen in Folge nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden.
Achtung, sehr oft sind in Statuten auch Formulierungen wie „Erträge aus Veranstaltungen und vereinseigenen Unternehmungen“, „Verkauf von ...“ zu finden. Deren Auflistung ist auch in den FoodCoop-Statuten zulässig. Dies ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass diese Einnahmenquellen für FoodCoops empfehlenswert sind, denn anders als Mitgliedsbeiträge sind solche Einnahmen nicht automatisch steuerfrei. Siehe dazu das Kapitel über Steuerpflichten.
Mitgliedschaft: Erwerb und Beendigung, Rechte und Pflichten
Arten der Mitgliedschaft
Im Wesentlichen besteht eine FoodCoop aus aktiven Mitgliedern. Diese entsprechen dem in Statuten häufig verwendeten Begriff der „ordentliche Mitglieder“, können aber auch ohne weiteres als Mitgliederklasse „aktive Mitglieder“ definiert werden. Ein Ver ein kann nu r aus einer Mitgliederklasse bestehen. Neben den ak tiven M itgliedern können aber zum B eispiel a uch Fördermitgliedschaften oder Ehrenmitgliedschaften vergeben werden. Jede Mitgliederklasse muss mitsamt ihreù Rechteù und Pflichten in den Statuten beschrieben sein. „Die Mitglieder des Vereins gliedern sich in ak tive Mitglieder und Fördermitglieder.“ „Aktive Mitglieder sind jene, die sich aktiv an der Vereinsarbeit beteiligen. Fördermitglieder sind solche, die den Verein durch Mitgliedsbeiträge unterstützen.“
Erwerb der Mit gliedschaft
Es muss für jede Mitgliederklasse klar sein, wie der Erwerb der Mitgliedschaft zustande kommt. Die Formulierung muss auch mit der Realität übereinstimmen. Wenn also z. B. über die Aufnahme neuer Mitglieder im Plenum abgestimmt wird, und es auch sein kann, dass eine interessierte Person abgelehnt wird, dann ist eine passender Formulierung für die Statuten: „Über die Aufnahme aktiver Mitglieder (bzw. anderer Mitgliederklassen) entscheidet das Plenum. Die Aufnahme kann ohne Angabe von Gründen verweigert werden.“
Beendigung der Mitgliedschaft
Die verschiedenen Arten der Beendigung der Mitgliedschaft müssen eindeutig geregelt sein. Grundsätzlich hat jedes Mitglied das Recht auf freiwilligen Austritt. Dazu können in den Statuten Fristen und Termine festgeschrieben werden. Werden z. B. die Mitgliedsbeiträge quartalsmäßig eingezahlt, so ist folgende Formulierung sinnvoll: „Ein Austritt kann an jedem Quartalsende erfolgen. Er muss dem Plenum formlos per E-Mail mitgeteilt werden.“ Für den Ausschluss von Mitgliedern muss in den Statuten festgelegt werden, aus welchen Gründen und von welchem Vereinsorgan dieser verhängt werden kann, z. B.: „Das Plenum kann ein Mitglied ausschließen, wenn ... (z. B. das Mitglied über einen längeren Zeitraum die Mitgliedspflichten verletzt indem es Beiträge nicht zahlt oder sich gruppenschädigend verhält, ...)
Rechte und Pflichten der Mitglieder
Die Rechte und Pflichten müssen für alle einzelnen Mitgliederklassen definiert werden. Diese sollen natürlich an die gelebte Praxis angelehnt sein, ohne dabei aber zu sehr ins Detail zu gehen. Beispiele für zu detaillierte Beschreibungen sind die exakte Höhe des Mitgliedsbeitrages oder das genaue Stundenausmaß von Tätigkeiten. Für die Mitgliederklasse „aktive Mitglieder“ kann die Beschreibung der Rechte und Pflichten so aussehen: „Aktive Mitglieder sind berechtigt, sämtliche Vereinsinfrastruktu- ren zu nutzen, an allen Veranstaltungen des Vereins teilzunehmen, am Plenum teilzunehmen und mitzubestimmen (jedes aktive Mitglied hat eine Stimme) und verfügen über aktives und passives Wahlrecht in der Mitgliederversammlung. Aktive Mitglieder sind verpflichtet, sich aktiv im Verein zu engagieren. Das Plenum kann hierfür genauere Bestimmungen festlegen. Aktive Mitglieder sind zur pünktlichen Zahlung der Beitrittssgebühr und der Mitgliedsbeiträge verpflichtet. Aktive Mitglieder verpflichten sich, alles zu unterlassen, wodurch das Ansehen des Vereins leidet, die interne Vereinsarbeit beeinträchtigt oder das Erreichen der Vereinszwecke behindert wird.“
Organe des Vereins
Der Punkt „Organe des Vereins“ ist für FoodCoops von zentraler Bedeutung, da es an dieser Stelle zu den größten Abweichungen von „Standard-Vereinsstatuten“ kommt.
Das Vereinsrecht schreibt eine Mitgliederversammlung, ein Leitungsorgan (bestehend aus mindestens zwei Personen), Rechnungsprüfer und ein Schiedsgericht vor. Darüber hinaus können in den Statuten weitere Organe definiert werden.
Die gewöhnliche Umsetzung dieser Vorgaben sieht so aus:
- Vorstand mit Obfrau, Schriftführerin usw.
- (Jahres-)Hauptversammlung
Basisdemokratie, also die gleichberechtigte Mitbestimmung aller Mitglieder ist dabei nicht vorgesehen, Entscheidungen werden in Vorstandssitzungen getroffen, einfache Mitglieder haben nur bei der Hauptversammlung ein Stimmrecht.
In FoodCoops ist das Plenum das wichtigste Gremium, es ist sozusagen eine regelmäßige Mini-Mitgliederversammlung. Eine Unterscheidung in „Vereinsfunktionäre“ und „einfache Mitglieder“ gibt es dabei nicht.
Die Herausforderung besteht nun darin, die FoodCoop-Praxis mit den rechtlichen Anforderungen an Vereinsorgane unter einen Hut zu bringen. Bei Aufnahme des Plenums als Vereinsorgan in die Statuten ist unmissverständlich zu beschreiben, welche Aufgaben es übernimmt und wie es sich von den anderen Organen abgrenzt. Dies ist ausführlich unter „Plenum“ beschrieben.
Mitgliederversammlung
Alle Vereine sind dazu verpflichtet, zumindest alle 5 Jahre die Mitgliederversammlung einzuberufen. In den Statuten muss stehen, wann und wie die Mitglieder eingeladen werden. Die Broschüre „Kulturverein gründen und betreiben“ der IG Kultur Wien beschreibt diesen Punkt sehr umfangreich.
Speziell für FoodCoops ist empfehlenswert:
- das Einberufungsintervall für ordentliche Mitgliederversammlungen möglichst groß zu wählen. Eine jährliche Mitgliederversammlung ist in FoodCoops nicht nötig, weil das Plenum ohnehin regelmäßig stattfindet. Außerordentliche Mitgliederversammlungen sollten jedoch jederzeit und von verschiedensten Organen einberufen werden können, um im Anlaßfall schnell handeln zu können.
- ein möglichst unkompliziertes Einladeprozedere zu ermöglichen.
Erfolgt die interne Kommunikation in der FoodCoop üblicherweise
eher kurzfristig per E-Mail, dann sollte dieser Weg auch für die
Einladung zuĖ Mitgliederversammlung genutzt werden:
„Alle Mitglieder sind mindestens eine Woche vor dem Termin per E-Mail (an die vom Mitglied dem Verein bekanntgegebene E-Mail-Adresse) einzuladen.“
Leitungsorgan
FoodCoops sind basisdemokratische Initiativen, es gibt üblicherweise keine Chefin. Die Rechtsform des Vereins passt ganz gut zu diesem Anspruch, denn das Vereinsgesetz schreibt keine einzelne Obfrau oder dergleichen vor. Allerdings braucht jeder Verein ein „Leitungsorgan“ (meistens „Vorstand“ genannt), das aus mindestens zwei Personen bestehen muss. Das Leitungsorgan ist laut Gesetz verantwortlich für die Führung der Vereinsgeschäfte, die Vertretung des Vereins nach außen und die Einrichtung eines Rechnungswesens. Bis auf diese Vorgaben ist das Leitungsorgan frei gestaltbar, in den Statuten kann geregelt werden, wie groß es ist, wie es Entscheidungen trifft und ob es spezielle Funktionen für besondere Aufgaben geben soll.
So ist es etwa rechtlich möglich, dass das Leitungsteam aus allen FoodCoop-Mitglieder besteht, die den Verein alle gemeinsam nach außen vertreten. Der Mietvertrag für das FoodCoop-Lager etwa müsste dann von sämtlichen Mitgliedern unterschrieben werden. Inwieweit dieses Vorgehen dafür steht und ob es nicht besser wäre, diese Aufgabe ein paar wenigen Mitgliedern anzuvertrauen, kann jede Gruppe selbst entscheiden.
Es ist auch denkbar, dass übliche Vereinsfunktionen wie „Kassier“ nur am Papier bestehen, und sich in der Praxis andere FoodCoop-Mitglieder um das Rechnungswesen etc. kümmern. Dies ist jedoch nicht empfehlenswert, da im Ernstfall immer diejenigen Mitglieder, die laut Papier das Leitungsorgan darstellen, zur Rechenschaft gezogen werden und in Extremfällen auch persönlich haftbar gemacht werden können. Die Mitglieder des Leitungsorgans sollten in der Praxis also zumindest einen Teil der Arbeitsgruppe Finanzen darstellen.
Tipp: Wenn ihr den basisdemokratischen Charakter eurer FoodCoop hervorstreichen wollt, dann verzichtet auf die gewohnten Bezeichnungen wie Vorstand, Obfrau, Schriftführerin, ... Als Leitungsorgan wird eine überschaubare Gruppe von verlässlichen Mitgliedern benötigt, die sich sowohl um das Unterschreiben von Verträgen kümmert (Anmieten von Räumlichkeiten, Bankkonto errichten, Förderanträge einreichen, ...), als auch um die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung samt Vermögensübersicht. Das Leitungsorgan könnt ihr in den Statuten einfach „Leitungsorgan“ nennen oder es beliebig umbenennen. Es muss nur in den Statuten stehen, dass es sich bei der neuen Bezeichnung um das Leitungsorgan handelt, z. B. „Die Arbeitsgruppe Unterschriften, Rechtliches und Rechnungswesen, in Folge kurz Arbeitsgruppe URR genannt, ist das Leitungsorgan im Sinne des Vereinsgesetztes 2002.“
Zu beachten:
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Wird in den Statuten nichts anderes erwähnt, so gilt für das Leitungsorgan automatisch Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung. Das heißt der Verein wird von allen Mitgliedern des Leitungsorgans gemeinsam geführt und nach außen vertreten. Alternativ dazu könnt ihr auch Einzelfunktionen einführen, z. B. die „Ansprechperson der Arbeitsgruppe URR“, und diese mit einer Einzelvertretung ausstatten. Mehr Infos zu verschiedene Varianten siehe Broschüre „Kulturverein gründen und betreiben“ der IG Kultur Wien.
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Sagen die Statuten nichts über die Art und Weise der Entscheidungsfindung im Leitungsorgan aus, so wird automatisch Abstimmen mit einfacher Mehrheit angenommen. Besteht das Leitungsorgan nur aus zwei Personen, müssen diese ihre Entscheidungen einstimmig fällen.
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Im Sinne der Basisdemokratie können die Statuten so formuliert werden, dass das Leitungsorgan ohne Zustimmung des Plenums nichts entscheiden kann. In den Statuten vorgesehene Beschränkungen wirken aber nur im Innenverhältnis, also vereinsintern.
Nach außen (gegenüber Geschäfts- & Vertragspartnern oder Behörden) bleiben immer die Mitglieder des Leitungsorgans die Vertretung des Vereins und können in Extremfällen auch persönlich haftbar gemacht werden. Die Statuten einer FoodCoop sollten also trotz basisdemokratischen Anspruchs nicht im Widerspruch zu diesen gesetzlichen Vorgaben formuliert werden. Zu vermeiden ist, dass Mitglieder des Leitungsorgans intern überstimmt werden können, nach außen aber die Konsequenzen für Entscheidungen tragen müssen.
Achtung: Die Formulierungen dürfen nicht mit den Beschreibungen anderen Organe in Konflikt stehen. In den Statuten kann z. B. nicht an einer Stelle „Das Leitungsorgan istfür die Aufnahme neuer Mitglieder zuständig“ und an andere Stelle „Das Plenum ist für die Aufnahme neuer Mitglieder zuständig“ stehen.
Hier einige Formulierungen, die zur Beschreibung eures Leitungs- organs passen könnten:
- Das Leitungsorgan setzt sich aus mindestens 2 natürlichen Personen zusammen, die gleichzeitig aktive/ordentliche Mitglieder des Vereins sein müssen.
- Das Leitungsorgan wird von der Mitgliederversammlung gewählt. Bei Ausscheiden eines gewählten Mitglieds kann das Plenum an dessen Stelle ein anderes Mitglied wählen, wozu die nachträgliche Bestätigung in der nächsten Mitgliederversammlung einzuholen ist.
- Das Leitungsorgan trifft Entscheidungen ...WIE? (z. B. einstimmig im Konsens. Das heißt eine Entscheidung gilt als angenommen, wenn niemand einen schwerwiegenden und begründeten Einwand dagegen hat.)
- Das Leitungsorgan ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Besteht das Leitungsteam nur aus zwei Personen, müssen beide Mitglieder anwesend sein.
- Das Leitungsorgan kann das Plenum einberufen.
- Das Leitungsorgan ist dazu angehalten, Entscheidungen nicht in eigenen Treffen, sondern, transparent für alle Mitglieder, im Rahmen des Plenums zu treffen. Jedes aktive Mitglied hat dabei das Recht auf Anhörung.
- Trifft das Leitungsteam Entscheidungen ohne Beisein des Plenums, so sind alle aktiven Mitglieder auf schnellstmöglichem Wege (per E-Mail) über diese Entscheidungen zu informieren.
- Bei Gefahr in Verzug ist das Leitungsorgan berechtigt, auch in Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereichs der Mitgliederversammlung bzw. des Plenums fallen, unter eigener Verantwortung selbstständig Anordnungen zu treffen; diese bedürfen jedoch der nachträglichen Genehmigung durch die Mitgliederversammlung bzw. das Plenum.
- Bei Entscheidungen des Plenums, die Einfluss auf Geschäftsführung bzw. die Vertretung des Vereins nach außen oder das Rechnungswesen haben könnten, besitzt jedes Mitglied des Leitungsorgans ein Vetorecht.
- Ist ein Mitglied des Leitungsorgans bei einem Plenum nicht persönlich anwesend, so kann es von seinem Vetorecht auch nachträglich Gebrauch machen, und zwar innerhalb einer Frist von einer Woche nach Veröffentlichung des Plenumsprotokolls.
Plenum
Ungeachtet der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist das Plenum die zentrale Schaltstelle für den Vereinsalltag in einer FoodCoop. Darum ist es ratsam, das Plenum als zusätzliches Organ in die Vereinsstatuten aufzunehmen, und dessen Aufgaben mit Bedacht auf die Aufgaben der anderen Organe schriftlich festzuhalten.
So kann eine Beschreibung des Plenums, seiner Rechte und Aufgaben aussehen:
- Das Plenum findet regelmäßig nach Bedarf statt, zumindest aber viermal jährlich.
- Am Plenum haben alle aktiven Mitglieder Stimmrecht. Fördermitglieder haben das Recht auf Teilnahme und Anhörung.
- Die Einberufung des Plenums bedarf keiner besonderen Form und erfolgt in der Regel ein paar Tage vor dem Termin per E-Mail.
- Das Plenum entscheidet mit ... (z. B. 80 % Mehrheit). Entscheidungsberechtigt sind alle aktiven Mitglieder. Die Übertragung des Stimmrechts auf ein anderes Mitglied im Wege einer schriftlichen Bevollmächtigung ist zulässig.
- Das Plenum gilt als beschlussfähig, wenn mindestens sechs aktive Mitglieder persönlich anwesend sind. (Die Mitgliederklasse „ aktive“ Mitglieder muss zuvor als Mitgliederklasse definiert sein.)
- Die Entscheidungen des Plenums werden schriftlich in ein em Protokoll festgehalten und schnellstmöglich an alle aktiven Mitglieder per E-Mail verschickt.
Das Plenum hat folgende Aufgaben und Rechte:
- Das Plenum ist für die Aufnahme neuer Mitglieder bzw. Ausschluss von Mitgliedern zuständig
- Das Plenum kann die Mitgliederversammlung einberufen.
- Das Plenum die nt der Koordination der vereinsinternen Arbeitsaufteilung.
- Das Plenum trifft Entscheidungen, die nicht in den Aufgabenbereich des Leitungsorgans fallen, also nicht mit der Vertretung des Vereins nach außen, der Führung der Vereinsgeschäfte und dem Rechnungswesen.
- Das Plenum hat das Recht auf Auskunft über alle Handlungen und Entscheidungen des Leitungsorgans.
Rechnungsprüferinnen
Jeder Verein muss mindestens zwei Rechnungsprüferinnen durch die Mitgliederversammlung bestellen. Diese müssen unabhängig und unbefangen sein, dürfen also nicht dem Leitungsorgan dessen Rechnungswesen sie ja prüfen müssen, angehören. Es muss sich nicht zwingend um Vereinsmitglieder handeln, außer die Statuten sehen dies vor. Das Vereinsgesetz § 21 beschreibt die Aufgaben der Rechnungsprüferinnen. Dort steht auch: „Das Leitungsorgan hat die Mitglie- der über die geprüfte Einnahmen- und Ausgaben-Rechnung zu informieren. Geschieht dies in der Mitgliederversammlung, sind di e Rechnungsprüfer einzubinden.“ Wird diese Kommunikationskette als unbefriedigend empfunden, so kann in die Statuten zusätzlich folgender Satz aufgenommen werden: „Die Rechnungsprüferinnen haben dem Plenum über das Ergebnis der Überprüfung zu berichten.“
Schiedsgericht
Jeder Verein hat in den Statuten eine Schlichtungseinrichtung zu definieren. Das Vereinsgesetz besagt, dass „in den Statuten die Zusammensetzung und die Art der Bestellung aller Mitglieder der Schlichtungseinrichtung unter Bedachtnahme auf deren Unbefangenheit zu regeln. Den Streitparteien ist beiderseitiges Gehör zu gewähren“. Laut Information der IG Kultur kann auch die Mitgliederversammlung mit der Streitschlichtung betraut werden, wenn es die statutarische Möglichkeit gibt, sie im Streitfall zu diesem Zweck einzuberufen.
Freiwillige Auflösung des Vereins
Die Statuten müssen enthalten, wie sich der Verein auflösen
kann und was mit dem Vereinsvermögen geschieht.
Wird Gemeinnützigkeit angestrebt, so muss zusätzlich
der folgende Satz enthalten sein:
„Bei Auflösung des Vereins oder bei Wegfall des begünstigten
Vereinszwecks ist das verbleibende Vereinsvermögen für
gemeinnützige, im Sinne der §§ 34 ff BAO zu verwenden.“