Plenum abhalten
Ein FoodCoop Plenum kann langweilig, verwirrend, frustrierend etc. sein. Die Tipps in diesem Kapitel können nicht gewährleisten, dass von nun an jedes Plenum großartig wird, aber durch Verän- derungen der Rahmenbedingungen kann doch einiges bewirkt werden.
Grundsätzliche Fragen zum Plenum
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Wie oft? Das Plenum sollte auf jeden Fall regelmäßig stattfinden, ein guter Richtwert ist einmal pro Monat, zumindest aber alle zwei Monate.
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Wer ist eingeladen? Alle Mitglieder! Immer wieder tauchen Überlegungen auf, für spezielle (Problem-)Themen nur gewisse Mitglieder (z. B. nur das Gründungsteam oder nur das Leitungsorgan laut Vereinsstatuten) einzuladen. Diese Vorgehensweise führt zu einer Kluft innerhalb der Gruppe, Tendenzen wie ungleiche Verantwortungsverteilung verfestigen sich. Bei manchen FoodCoops werden auch interessierte Leute oder die Lieferantinnen zum Plenum ein geladen. Dies kann punktuell sinnvoll sein, allgemein gilt aber: Das Plenum ist für die aktiven Mitglieder da, es ist ein internes Arbeitstreffen und keine öffentliche Infoveranstaltung.
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Wie funktioniert ein Plenum mit vielen Mitgliedern? In der Regel erscheint beim Plenum nur ein Bruchteil der Mitglieder. Damit sollte sich die FoodCoop aber nicht zufrieden geben, sondern immer wieder alle Mitglieder zur Teilnahme auffordern. Dabei sollte jedoch ein Bewusstsein vorhanden sein, dass ein Plenum mit mehr als 15 Beteiligten andere Methoden erfordert. Die Redezeiten pro Person verringern sich, die Moderation muss auf diese Situation vorbereitet sein usw.
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Wie können Mitglieder, die nicht persönlich anwesend sind, mitbestimmen? Es ist praktisch unmöglich, einen Termin für ein Plenum zu finden, an dem wirklich alle Mitglieder Zeit haben. Meistens bedeutet dies, dass die nicht anwesenden Mitglieder ihr Stimmrecht verlieren. Alternativ dazu kann ein Mitglied einem anderes Mitglied die eigene Stimme übertragen, vorher per Briefwahl abstimmen oder die gesamte Abstimmung wird online durchgeführt. Diese zusätzlichen Möglichkeiten erhöhen den Grad der Mitbestimmung. Allerdings ist zu bedenken, dass die nicht anwesenden Mitglieder auch die Diskussion vor der Abstimmung verpassen, und diese ist oft sehr wichtig für die Meinungsbildung! Darum sollten solche Zusatzmöglichkeiten nur in Kombination mit Zugang zu ausführlichen Informationen zu den Themen existieren. In manchen FoodCoops ist es üblich, dass am Plenum gefällte Beschlüsse ein bis zwei Wochen nach Verschicken des Protokolls an alle Mitglieder noch „angefochten“ werden können. Dies passiert so gut wie nie und wenn dann ist es ein sehr mühsamer Prozess. Darum ist es besser, wichtige Diskussionspunkte vor dem Plenum bekannt zu geben. Wer keine Zeit hat, kann seine Meinung vorab schriftlich äußern.
Checkliste und Tipps fürs Plenum
Vor dem Plenum
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Termin rechtzeitig ankündigen (ca. eine Woche vorher), und zwar so dass es ALLE Mitglieder mitbekommen. Auch wenn z. B. jeder erste Freitag im Monat als Fixtermin vereinbart wurde, schadet ein eigenes Einladungsmail mit Ort, Zeit und Tagesordnung nicht. Vor allem den nicht so gut integrierten Mitgliedern hilft dies bei der Orientierung.
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Themen können schon vorab gesammelt werden, am besten in einem allen Mitgliedern zugänglichen online-Dokument. Das spart Zeit am Plenum und alle Mitglieder können sich schon darauf einstellen, um was es beim Plenum gehen wird.
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Vorarbeit leisten: Überlegt schon vorab, welche Informationen werden benötigt, um die Themen zu besprechen. Wenn eine Entscheidung über eine größere Investition ansteht, dann sollte entweder aus der Arbeitsgruppe Finanzen fix eine Person beim Plenum anwesend sein, und kurz einen Überblick zur Liquidität der FoodCoop geben. Alternativ können die notwendigen Infos auch vorab an alle Mitglieder verschickt, oder der Moderation übergeben werden. Themen, zu denen die notwendigen Informationen fehlen, sollten gleich aufs nächste Plenum verschoben werden. Weiter ist ein Blick in das Protokoll vom letzten Plenum angebracht. Welche Themen wurden vertagt, welche Aufgaben waren bis zum nächsten Plenum zu erledigen? Wurden diese erledigt?
Zu Beginn des Plenums
Ein offizieller Start mit einführenden Worten der Moderation/des Vorbereitungsteams schafft eine gute Ausgangssituation.
Eine KURZE Vorstellrunde ist absolute Pflicht (außer es kennen sich wirklich alle gut untereinander). Zur Auflockerung kann diese mit einer konkreten Frage verknüpft werden z. B. zum Lieblingsprodukt. Jedes Mitglied sagt dann beispielsweise „Hallo ich bin die Julia, seit zwei Jahren in der FoodCoop dabei, in der Arbeitsgruppe IT aktiv und mein Lieblingsprodukt ist das Bio-Sauerteigbrot. In der Vorstellrunde ist kein Platz für Inhalte, Fragen und Diskussionen!
Rollen abklären: Wer moderiert, wer schreibt Protokoll? Regeln zur Gesprächsskultur durchgehen.
Themen sammeln, Überblick verschaffen, wichtigste/dringendste Themen vorreihen. Eine praktische und schnelle Technik: Alle Themen werden auf einem Plakat notiert, jedes anwesende Mitglied erhält drei Punkte und vergibt diese an 1-3 Themen. Das Thema, das die meisten Punkte erhalten hat kommt als erstes dran usw.
Zeitplan erstellen: Wie lange soll das Plenum dauern, wie viele Minuten soll für jedes einzelne Thema verwendet werden? Meistens reicht die Zeit nicht für alle Themen, darum ist die Reihung auch so wichtig! Zusätzlich könnt ihr überlegen: Welches Thema kann auch per E-Mail kommuniziert werden? Welches in eine Arbeitsgruppe verlegt werden? Welches kann ohnehin nicht gut besprochen werden, weil Informationen dazu fehlen?
Achtung, der Beginn des Plenums soll kurz und knackig sein und alle gerade genannten Punkte maximal in einer halben Stunde erledigt sein. Sitzt eine Gruppe nach einer Stunde immer noch bei der Reihung der Punkte, ist die wertvollste Zeit, in der die Konzentration am höchsten ist, vergeudet.
Während des Plenums
Ein Plenum kann durchaus lustig und locker ablaufen, ein gewisses Maß an disziplinierten Verhalten ALLER anwesenden Mitglieder ist aber dennoch erforderlich. Für den Verlauf des Plenums ist nicht die Moderation alleine verantwortlich, sondern die ganze Gruppe!
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Ein Thema nach dem anderen durchnehmen (nicht spontan neue Themen er öffnen).
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Themen bis zum Schluss bearbeiten: Es bringt wenig, Diskussionen nicht oder unkonkret abzuschließen, etwa „Mehr Infos zu unseren Wurstprodukten wären toll, irgendwer sollte sich drum kümmern ...“. Am Ende eines Themas steht eine Entscheidung fest oder eine Aufgabe wird konkret vergeben: Wer macht was bis wann?
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Zeit im Auge behalten! Ansonsten „verratscht“ man sich oft schon beim ersten Thema.
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Nur geordnet in der Runde sprechen, alle miteinbeziehen (keine parallelen Kleingespräche).
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Mitdokumentieren! (Protokoll)
Am Ende des Plenums
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Wer organisiert das nächste Plenum? Wie wird der Termin fixiert?
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Allfälliges, Ankündigungen externer Veranstaltungen etc.
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Ein offizielles Ende rundet das Plenum ab, damit für alle klar ist, ab wann der informelle Teil beginnt.
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Für den informellen Teil sollten Getränke vorhanden sein, mitgebrachte Kuchen oder Kostproben von Lieferantinnen sind natürlich auch gerne gesehen.
Nach dem Plenum
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Protokoll möglichst zeitnah an ALLE Mitglieder ausschicken!
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Aufgaben erledigen! Ein Plenum ist für die Gesamtkoordinierung da. Die wichtigste tatsächliche Arbeit geschieht fast immer abseits davon, in Arbeitsgruppen etc.
Tipps zum Protokoll schreiben
Ein gutes Protokoll schreiben ist gar nicht so leicht. Es soll kurz & übersichtlich sein, gleichzeitig aber auch vollständig und verständlich (auch für Nicht-Anwesende) geschrieben sein. Zudem soll es eine möglichst neutrale und objektive Berichterstattung darstellen. Es dient als Information für Nicht-Anwesende, Gedächtnisstütze für Anwesende und Dokument, auf das man sich im Zweifelsfall berufen kann.
Was kommt ins Protokoll?
Neben kurzen Notizen zu Datum, Anwesenden, Rollen (wer hat moderiert, wer hat Protokoll geschrieben), Themenübersicht (Inhaltsverzeichnis), geht aus einem guten Protokoll besonders hervor:
- Präzise formulierte Beschlüsse: Was wurde beschlossen? Wie wurde beschlossen (Ergebnis der Abstimmung etc.)?
- Vergebene Verantwortungen: Welche Aufgaben wurden von wem übernommen und bis wann sollen sie erledigt werden?
- Kompakte Informationen , z. B. Unsere FoodCoop organisiert einen Infostand beim Dorffest (Termin, Ort) wer mithelfen will meldet sich bei marlene@ ...
Einfache Grundstruktur eines Protokolls:
Thema 1:
Ergebnis 1 : [Beschluss im Konsens, Aufgabe verteilt an ..., bis wann wird was erledigt?]
Thema 2:
Ergebnis 2 : [wieder wie bei Ergebnis 1:
Es können im Protokoll auch der genaue Gesprächsverlauf bzw. die einzelnen Meinungen enthalten sein. Dies lohnt sich aber nur in bestimmten Fällen, etwa bei kontroversen Diskussionen, wo die verschiedenen Standpunkte wichtig für Meinungsbildung weiterer Mitglieder sind. Je detaillierter das Protokoll, umso mehr ist auf Übersichtlichkeit und Verständlichkeit zu achten.
Praxistipp: Auf Zugänglichkeit achten! Das beste Protokoll nutzt nichts, wenn es nicht gelesen wird. Lasst es daher möglichst kurz nach dem Plenum allen Mitgliedern zukommen und bewahrt es so auf, dass auch später alle noch darauf zugreifen können. Das Versenden per E-Mail und zusätzliches Sammeln in einem Ordner im FoodCoop-Lager oder digitalen Archiv hat sich bewährt.
Moderation eines FoodCoop Plenums
Moderation ist ein Handwerk, das man lernen muss! Natürlich bringen manche Menschen ein natürliches Gespür für Gruppenprozesse mit, aber das ersetzt nicht methodische Kompetenz und Erfahrung! Glücklicherweise ist eine FoodCoop ein Lernraum, nicht nur allgemein für soziale Kompetenz, sondern auch um sich in Moderation zu probieren. Nutzt die Chance!
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Gruppenvorstellungen berücksichtigen: Moderation kann einer Gruppe nicht aufgezwungen werden, der Wunsch danach muss aus der Gruppe kommen. Wenn es die FoodCoop-Mitglieder glücklicher macht, dass ein Plenum eine Art Stammtisch ist, wo bis weit nach Mitternacht miteinander gefeiert daneben spontan und informell wild durcheinander geredet wird (und am nächsten Tag das meiste vergessen), dann soll es so sein.
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Moderation ist freiwillig: Das Anleiten von Diskussionen ist ein harter Job. Wenn die Moderation das Gefühl hat, die Gruppe nicht zu erreichen bzw. den Gruppenprozess nicht mehr positiv beeinflussen zu können, dann kann die Moderationsrolle jederzeit (klar kommuniziert) zurückgelegt werden.
Trotz Moderation – auf die Gruppe kommt es an! Nobody is perfect, auch die Moderation nicht! Die Moderation ist nicht alleine für den Erfolg eines Plenums verantwortlich. Jedes Mitglied trägt einen Teil zum Gruppenprozess bei. Zudem kann die Moderation auch durch die Gruppe unterstützt werden, z. B. wenn Mitglieder mal selbst auf die Uhr schauen, um zu kontrollieren ob die Diskussion im Zeitplan verläuft. -
„Interne Moderation“ bedeutet, dass Mitglieder aus der eigene Gruppe die Moderationsaufgaben übernehmen. Gute Moderation durch externe Personen ist meist teuer und/oder aufwändig zu organisieren, daher ist diese Spezialsituation in FoodCoops der Regelfall. Interne Moderation hat den Vorteil, dass die Moderation mit dem Umfeld vertraut ist, also keine Einführungen in Abläufe und Ziele braucht, und im besten Fall mit den persönlichen Eigenheiten der Mitglieder vertraut ist und damit umgehen kann. Die Nachteile sind, dass es für interne Personen schwieriger ist, sich aus inhaltlicher Diskussion rauszuhalten, und möglichst neutral und objektiv zu agieren. Zudem akzeptiert die Gruppe die Sonderrolle interne Moderation meist nicht so gut wie bei einer externen Moderation. Um die Anerkennung der Moderationsrolle zu erhöhen, ist es ratsam, zu Beginn des Plenums die Sonderrechte der Moderation kurz zu thematisieren. z. B. alle bestätigen am Anfang, dass (nur) die Moderation zu lange oder abwegige Reden unterbrechen darf.
Ein Moderationshut oder ein anderer symbolischer Gegenstand wirkt! Zum einen verdeutlich der Hut optisch die Sonderrolle der Moderatorin. Und: Will die Moderatorin etwas Inhaltliches beisteuern, kann sie für alle erkennbar ihre Moderationsrolle kurz verlassen, indem sie den Hut abnimmt oder gar für ein ganzes Thema einer anderen Person übergibt. Auf diese Weise kann die Moderation während des Plenums rotieren.
Was darf die Moderation?
Wie weit die Befugnisse der Moderation reichen, sollte vorab geklärt sein. Die Moderation nimmt eine Sonderrolle ein, etwa kann sie als einzige Leute unterbrechen, wenn sie Monologe führen oder Diskussionen vom Thema abschweifen. Oder im schlimmsten Fall: Kann die Moderation jemanden aus der Gruppe auffordern, das Plenum wegen gruppenuntauglichem Verhalten zu verlassen?
Moderationsumfang vorab klären
Zu den Aufgaben einer Moderation zählt das Anleiten der Diskussionen am Plenum, wichtig ist aber auch abzuklären, wer eine Vor- und Nachbereitung übernimmt. Wer kümmert sich vorher um Terminfindung, Einladung, Raumreservierung, ...? Wer schickt danach das Protokoll aus, erinnert an das Erledigen der Aufgaben, ...?
Nie alleine moderieren!
Moderation erfordert Konzentration, und wer nicht zufällig das ultimative Multitasking-Genie ist, kann nicht alleine alle Bereiche gleichzeitig im Auge behalten. Besser eine Person achtet auf Gruppendynamisches wie Stimmung und ausgewogene Redezeiten, eine andere Person behält technische Rahmenbedingungen wie Uhrzeit und inhaltlichen Fortschritt im Auge.
Praxistipp: Die Moderation sollte jeden Schritt vorab gut erklären! Das schafft Klarheit und gibt die Möglichkeit zum Eingreifen! Anstatt nur zu sagen: „Jetzt machen wir die Vorstellrunde“, ist es besser, zuerst zu erklären, wie die Vorstellrunde ablaufen soll. Schweift ein Mit-glied dann ab, kann es mit Hinweis auf die Erklärung unterbrochen werden.