Öffentlichkeitsarbeit

Öffentlichkeitsarbeit im nahen Umfeld (um zusätzliche Mitglieder zu finden)

Das „Anwerben“ weiterer Mitglieder hat mit klassischer Öffentlichkeitsarbeit recht wenig zu tun. Natürlich kann es vorkommen, dass jemand in eurer Nähe durch einen allgemeinen Zeitungsbericht zum Thema FoodCoops ausreichend Eigenmotivation entwickelt und sich genau eurer FoodCoop anschließt. Aber rechnet mal eher nicht damit. Stellt euch stattdessen folgende Fragen:

  • Wer sind konkret potentielle Mitglieder? Eure FoodCoop kommt nur für Menschen in Frage, die in der Region wohnen, Interesse an Lebensmittel haben, selbst kochen, Zeit und Motivation für ehrenamtliches Engagement haben und in eure Gruppe passen. Das können Studentinnen-WGs sein, junge Familien, Pensionistinnen etc. – im Prinzip Leute wie ihr!

  • Wie kann diese Zielgruppe erreicht werden? Von klassischer Werbung oder gar bezahlten Inseraten ist definitiv abzuraten, da die Zielgruppe nicht genau genug angesprochen wird. Berichte in Gemeindezeitungen, Bezirksblättern etc. bringen schon mehr, weil sie zumindest geographisch richtig eingrenzen, aber rein das Lesen eines Artikels reißt die meisten Konsumentinnen nicht aus ihrer Passivität heraus. Die beste Möglichkeit ist und bleibt Mundpropanda, viele neue Mitglieder kennen schon vorher jemanden aus der FoodCoop. Das ist auch logisch, denn in einem persönlichen, vertrauten Gespräch kann am leichtesten erklärt werden, wie eine FoodCoop funktioniert und vor allem warum sie toll und wichtig ist. Andererseits ist es auch praktisch, denn Freundinnen von Mitgliedern passen meistens gut in die Gruppe und sie haben für anfängliche Fragen auch gleich eine konkrete Ansprechperson. Daher sind alle Mitglieder aufgerufen im eigenen Umfeld Leute anzusprechen: Freundinnen, Arbeitskolleginnen, Vereinskolleginnen, ...
    Ist der private Dunstkreis ausgeschöpft kann gezielt „Werbung“ verbreitet werden, wobei die Informationen hierfür gut aufbereitet sein sollten. Entweder ihr gestaltet eine Broschüre oder ihr ladet immer wieder mal zu einem Infoabend ein. Bewerbt die FoodCoop gezielt dort, wo potentielle Mitglieder erreicht werden: am schwarzen Brett der Kindergartengruppe, beim Elternsprechtag in der Schule, beim Seniorinnenausflug, im Kino, wo gerade eine Dokumentation über Landwirtschaft gezeigt wird, auf der Universität, ...

    Achtung: Eine eigene Homepage mit genauen Informationen über Mitgliedschaft und die Verwendung von eigenen Social Media Kanälen ist ZUSÄTZLICH empfehlenswert, ersetzt aber nicht die Mundpropaganda bzw. das gezielte Informieren!

Infostände etc.

FoodCoops erhalten immer wieder Angebote für Infostände auf Messen oder größeren Events oder gar Anfragen wegen Verkaufsständen, Buffets oder Catering. Hohe Standgebühren sind sowieso ein Ausschlussgrund, aber auch sonst ist in der Regel der Arbeitsaufwand hoch, der Nutzen gering.

Bei „Nicht nur Infoständen“ sind auch rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten, das Verkaufen von Produkten solltet ihr euren Lieferantinnen überlassen!

Der Aufwand für Infostände lohnt sich nur, wenn die richtige Zielgruppe konzentriert vor Ort ist und/oder das Publikum konkret angesprochen werden kann. Das ist entweder bei einer inhaltlich passenden Veranstaltung möglich, wo nur einschlägig interessiertes Publikum anwesend ist (z. B. Teilnahme an Podiumsdiskussion bei einem Filmabend) oder auch bei allgemeineren kleineren Festen oder Gemeinde- veranstaltungen etc., wo auf lokaler Ebene ein Bezug zur eigenen FoodCoops hergestellt werden kann.

Breite Öffentlichkeitsarbeit

FoodCoop-Mitglieder wollen nicht nur für sich selbst eine Einkaufsmöglichkeit schaffen, sondern die Welt ein Stück weit verbessern. Im Kleinen leisten FoodCoops dafür einen wichtigen und praxisorientierten Beitrag, es werden Absatzwege für regionale Bauernhöfe geschaffen usw. Die unmittelbaren Tätigkeiten einer FoodCoop haben allerdings wenig Breitenwirksamkeit.

Da FoodCoops sich in der Regel als Initiativen für Ernährungssouveränität verstehen und somit auch gesamtgesellschaftlich Denkanstöße liefern möchten, ist auch die breite Öffentlichkeit eine wichtige Zielgruppe. Informationen, die an eine breite Öffentlichkeit gerichtet sind (über Zeitungsartikel, eigene Infozettel, ...), erfüllen nur dann ihren Zweck, wenn auch für Leute, die noch nie von einer FoodCoop gehört haben klar wird, um was es geht. Dies ist nicht so leicht, wie es sich anhört.

Umgang mit Medien

Einerseits berichten Medien aller Art gerne über innovative Projekte und sind daher FoodCoops gegenüber offen und positiv eingestellt. Andererseits beinhalten die Beiträge aber überdurchschnittlich vie le lustige oder lästige Fehler, die in manchen Fällen auch konkrete negative Auswirkungen haben können. Denn durch Medienberichte werden sowohl „klassische Konsumentinnen“ als auch Behörden auf die FoodCoop aufmerksam. Fehlinformationen können dabei zu Mehraufwand bzw. Unannehmlichkeiten führen. So wurde eine FoodCoop in einem Artikel verkürzt als „tolle Einkaufsmöglichkeit für regionale Bioprodukte“ beschrieben. Am nächsten Abholtag sta nden dann einige Leute im FoodCoop-Lager, die eben einkaufen wollten. Sie reagierten zuerst verwirrt, weil sie niemand bediente, dann enttäuscht weil sie nichts bekamen. Ebenso ist es schon vorgekommen, dass Mitarbeiter einer Stadtverwaltung eine FoodCoop als illegales Geschäft ansahen und kontrollierten, weil sie in der Zeitung von einer „Shop Neueröffnung“ gelesen hatten, die nicht bei ihnen gemeldet war.

Vorab zu wissen:

  • „Was wollen wir als FoodCoop mit dem Artikel bewirken?“ Geht’s um das Ansprechen neuer Mitglieder, um Bewusstseins- bildung? Was soll die zentrale Kernaussage des Artikels sein?
  • Vorbereitet sein: Journalistinnen arbeiten oft unter Zeitdruck und fordern kurzfristig konkrete Ansprechpersonen, druckfähige Fotos, Besichtigungstermine etc. Es ist daher hilfreich, schon vorab zu klären, welche Informationen die FoodCoop nach außen kommunizieren will und wer Anfragen beantwortet. Auch aussagekräftige Fotos in Druckqualität „auf Vorrat“ erleichtern die Rückmeldung. Zu Fotos gehören eine Beschreibung, welcher Vorgang auf dem Foto dargestellt ist, und die Copyright Angabe.
  • Nicht jeder Anfragewunsch muss erfüllt werden, lasst euch weder stressen, noch verbiegen. Teilweise haben Medien völlig falsche Vorstellungen, mit wem sie es zu tun haben. Um dies zu verbessern, kann jede negative Antwort auch gleich eine aufklärende Information sein: „Nein, wir können Ihnen keine Telefonnummer geben, die sie in ihrem Bericht veröffentlichen können, weil wir kein kommerzieller Bestellshop sind, sondern ...“. Auch Telefoninterviews sind legitim und sind aus zeitlichen Gründen häufig im Sinne aller Beteiligten.

Tipps für Interviews und sonstige Medienauftritte:

  • Für die Mitglieder, die Medienanfragen erledigen: Mach klar wer du bist, also dass du als Privatperson, einfaches Mitglied, bewusste & engagierte Konsumentin sprichst (egal ob du im Verein laut Statuten eine Funktion bekleidest oder nicht). Ansonsten nehmen Journalistinnen oft automatisch an, dass sie es mit der „Geschäfts- betreiberin“, Chefin, Alleinverantwortlichen, ... zu tun haben. Erkläre (auch ungefragt), dass es sowas in der FoodCoop nicht gibt, weil eine FoodCoop eben kein Geschäft ist (siehe nächster Punkt) und warum eine FoodCoop basisdemokratisch organisiert ist.
  • „Eine FoodCoop ist kein Geschäft!“ Eine FoodCoop ist für die allermeisten Leute etwas komplett Neues, das heißt du musst sowohl für die Journalistin, als auch für die Leserinnen bei Null anfangen zu erklären. Zähl alles Wesentliche auf, was deine FoodCoop von einem Geschäft unterscheidet (siehe Teil 1 des Handbuchs).
  • Stell dir auch während des Interviews die Frage: Welche zentrale Botschaft will ich vermitteln? Die konkreten Fragen von Journalistinnen beziehen sich oft rein auf die Funktionsweise, nicht auf die Motive und Ziele einer FoodCoop. Bring immer wieder bewusst inhaltliche Aspekte ein, um zu vermeiden, dass sich der halbe Artikel nur um das Abrechnungssystem oder Hygienebestimmungen dreht. Willst du z. B einen Denkanstoß liefern, dann ist es viel wichtiger deine Kritik an ausbeuterischen Methoden in der Lebensmittelproduktion anzubringen, anstatt detailliert das Pfandsystem in deiner FoodCoop zu erklären. Konzentrier dich auf das WARUM? Warum gehst du nicht einfach in den Supermarkt einkaufen? Warum gab es in deiner Gemeinde die Notwendigkeit eine FoodCoop zu gründen? Was will die FoodCoop erreichen? Was gefällt dir an der Mitglied-schaft? Werden dir solche Fragen nicht am Beginn gestellt, dann bring sie selbst aktiv ein: „Zuerst will ich erklären, warum ich über-haupt bei einer FoodCoop dabei bin ...“
  • Regelmäßig kommt auch die Frage nach konkreten Preisen bzw. ob eine FoodCoop im Vergleich zu anderen Bezugsmöglichkeiten billiger oder teurer ist. Die Frage ist n atürlich gerechtfertigt und auch interessant, bei zu knapper Beantwortung kann aber nicht vermittelt werden, dass der Preis nicht das wesentliche Element der FoodCoop-Idee ist. Leider ist weiterhin für viele Konsumentin-nen der Preis der wichtigste oder gar einzige Faktor beim Lebensmitteleinkauf. Überleg dir wie du verhindern kannst, dass bei den Leserinnen einfach nur hängen bleibt: „Eine FoodCoop ist teuer und somit uninteressant“ oder „Eine FoodCoop ist billig, darum will ich dort einkaufen.“

Beim Preisthema können wertvolle Botschaften vermittelt werden, etwa dass wesentliche FoodCoop-Ziele sind, den Bäuerinnen angemessene Preise zu bezahlen (ohne dass dabei überteuerte Preise für die Mitglieder zustande kommen), transparente Geldflüsse zu gewährleisten, Wertschöpfung in der Region zu halten usw.

  • Bitte darum, dass du den Bericht vor der Veröffentlichung Korrektur lesen darfst. Viele Journalistinnen nehmen dies sogar dankbar an (solange es in ihren Zeitplan integrierbar ist). Ein Belegexemplar nach der Veröffentlichung sollte ebenso selbstverständlich sein.
  • Medien lieben persönliche Geschichten und direkte Zitate. Es ist gar nicht so leicht, einfache, knackige Botschaften zu formulieren, die aber nicht so verkürzt sind, dass sie missverstanden werden können. Welche deiner Sätze sind geeignet, dass sie 1 zu 1 in den Bericht übernommen werden? Bei Fragen, die ihr nicht souverän beantworten könnt (z. B. aus einem rechtlichen Bereich), verweist besser an Beratungsstellen, anstatt euch Halbwahrheiten zusammenzureimen.
  • Ein Zeitungsartikel etc. hat meist nur einen sehr begrenzten Platz für Text und oft gibt die Journalistin selbst einen The- menschwerpunkt vor. Achte darauf, dass im Bericht ausrei- chend Kontaktmöglichkeiten angegeben sind, z. B. der Link zur eigenen Homepage. Dort können sich z. B. konkret Interessierte ausführlich darüber informieren, wie sie Mitglied werden können.