Sortiment erstellen
Dieses Kapitel ist aufgrund der inhaltlichen Nähe bewusst im Anschluss an das Thema Produktkriterien angesiedelt. Diese sind allerdings nicht die einzige Voraussetzung, um Lieferantinnen anfragen zu können. Bei der konkreten Kontaktaufnahme sollten zumindest grobe Informationen zum Bestell- und Liefersystem bekannt sein. Vor allem die Frage, an welchem Wochentag die Anlieferung der Vorbestellungen erfolgt, ist für direktvermarktende Bauern oft sehr wichtig.
Wie finden FoodCoops passende Lieferantinnen?
- Sammelt eurer eigenes Wissen: Wo haben die Mitglieder bis jetzt ein gekauft? Sicherlich sind einige gute Quellen dabei!
- (Bio-)Bäuerliche Netzwerke nutzen: BIO AUSTRIA bietet mit „Biomaps“ eine online-Suchmaschine für direktvermarktende Bauernhöfe: http://www.bio-austria.at/biomap Die Daten sind auch als Handbuch erhältlich, der Bio-Einkaufsführer von BIO AUSTRIA OÖ kann bestellt werden unter 050/6902-1420 oder oberoesterreich@bio-austria.at
- Das Rad nicht neu erfinden: Welche Lieferantinnen haben andere FoodCoops in der Region? Welche Bäuerinnen sind auf den Bauernmärkten in der Region vertreten?
- Mut zur Lücke: So gut wie keine Region kann sämtlichen Produktwünschen voll und ganz gerecht werden. Kommuniziert aktiv, dass ihr z. B. Bio-Gemüse sucht. Irgendeine Möglichkeit ergibt sich immer, entweder wird eine Bäuerin dazu angeregt, ihren bis dato privaten Gemüsegarten in einen zusätzlichen Betriebszweig umzuwandeln, oder eine Person entschließt sich zum Quereinstieg in die Landwirtschaft, oder ein Betrieb von weiter weg baut eine neue Lieferroute auf, oder ...
Lieferantinnen kontaktieren
Innerhalb einer FoodCoop ist eine Vielfalt an Meinungen gerne gesehen, ihr solltet euch aber einig sein, wie ihr nach außen auftretet. Aus Sicht der Produzentinnen kann es verwirrend oder auch mühsam sein, wenn sie zuerst von einem Mitglied als Lieferantin angefragt, dann doch wieder auf eine Plenumsentscheidung vertröstet wird. Als nächstes von einem anderen Mitglied dazu aufgefordert wird Informationen über ihren Betrieb zu liefern, und letztendlich eine Absage erhält. Bei so einem Hin & Her wird die FoodCoop wohl kaum als Unterstützung der Landwirtschaft wahrgenommen.
Um solche Szenarien zu vermeiden, solltet ihr die Auswahl der Lieferantinnen gemeinsam vorbereiten und erst danach die Produzentinnen ansprechen.
- Vermeidet, dass einzelne Mitglieder übereifrig „im Namen der FoodCoop“ Produzentinnen kontaktieren, ohne dass sich die Gruppe zuvor für den Betrieb entschieden hat!
- Zumindest das grobe Modell sollte schon fixiert sein (z. B. einmal wöchentlich bestellen, am Freitag ist Abholtag), um den Bäuerinnen eine Orientierung zu bieten. Details wie die genaue Bestelldeadline könnt ihr dann mit den Lieferantinnen vereinbaren.
- Erstellt intern eine Liste mit möglichen Lieferantinnen. Darin tragt ihr alle relevanten Informationen zusammen: Welche Produkte bietet der Hof an? Ist der Betrieb biozertifiziert? Betreibt die Bäuerin bereits Direktvermarktung? Usw.
- Entscheidet euch gemeinsam anhand der Liste, welche Produzentinnen ihr anfragt. Macht dies nur bei Betrieben, wo ihr euch sicher seid, dass eure Produktkriterien erfüllt werden, und fragt nur einen Betrieb pro Produktgruppe an. Ansonsten kommen keine sinnvollen Mindestbestellmengen zusammen.
Es ist nicht davon auszugehen, dass alle Bäuerinnen über FoodCoops Bescheid wissen. Bei der Kontaktaufnahme sind also kurze und knackige Informationen erforderlich: Was ist eine FoodCoop? Was unterscheidet sie von anderen Vermarktungsformen? Sowohl Vorzüge als auch Anforderungen (Zeitaufwand, Preisbildung, Softwarenutzung, digitale Kommunikationswege, ...) sollten erklärt werden.
Neben diesen allgemeinen Informationen müssen die Lieferantinnen wissen:
- Bis wann erhalten die Lieferantinnen die Bestellungen?
- Bis wann sollen die Produkte angeliefert werden?
- Wie funktioniert die Abrechnung?
Oft tauchen bei Kontaktaufnahme mit den Bäuerinnen auch rechtliche Fragen auf. Grundsätzlich gilt: Die Vermarktung über FoodCoops ist rechtlich betrachtet sehr ähnlich zu anderen Direktvermarktungsformen. Eine FoodCoop entbindet die Lieferantinnen nicht von Auflagen und Gesetzen in der Produktion (Hygiene, Etikettierung, ...). Die Bäuerinnen sind bis zur Übergabe der Waren für die Einhaltung der Kühlkette etc. verantwortlich.
Preisgestaltung in FoodCoops
Ein grundlegendes Ziel einer jeden FoodCoop ist die Unterstützung bäuerlicher Landwirtschaft, und dazu zählt, den Lieferantinnen „faire Preise“ zu zahlen. In der Theorie ist di eser Punkt also schnell abgehandelt, allerdings nur deshalb weil „fair“ sehr frei interpretierbar ist. Oft wird die Preisgestaltung komplett den Bäuerinnen überlassen, denn diese werden ja wohl am besten wissen, wieviel Arbeit sie in ihre Produkte stecken. Das ist wohl gut gemeint und mag für den Produktionsaufwand stimmen, nicht aber für den Vermarktungsaufwand, der gerade in der Direktvermarktung auch einen beträchtlichen Anteil an der Preisgestaltung hat. Übersehen wird dabei aber, dass die Bäuerinnen den Vermarktungsweg „FoodCoop“ anfangs nicht kennen und somit Aufwand und Umsatz nicht einschätzen können. Außerdem ist die Annahme nicht richtig, dass die Mitglieder jeden noch so hohen Preis automatisch als „fair“ ansehen. Wichtig ist dabei aber, dass die Mitglieder auch ein Verständnis für Preise entwickeln können. Dazu sind sie meist auf Informationen der Bäuerinnen angewiesen. Eine Bäuerin, die einfach nur viel verlangt, wird nicht automatisch viel verdienen. Wenn zum Beispiel die Produkte ohne Erklärungen teurer als am Bauernmarkt angeboten werden, kann der gute Wille der Mitglieder in Unverständnis umschlagen. In Folge wird im schlimmsten Fall nicht die Bäuerin angesprochen, sondern einfach keine Produkte mehr von ihr bestellt.
Praxistipp für einer faire Preisfindung: Eine Bäuerin vergleicht den Aufwand, den sie durch das Beliefern einer FoodCoop hat mit dem Aufwand für andere Direktvermarktungstätigkeiten, z. B. einen Stand am Bauernmarkt. Wenn sie über die FoodCoop halb so viel Umsatz macht wie am Bauernmarkt, damit aber auch nur halb so viel Aufwand hat, dann ist der gleiche Preis wie am Bauernmarkt gerechtfertigt.
Wenn sich herausstellt, dass sich der Vermarktungsweg über die FoodCoop nicht auszahlt, dann kann an mehreren Schrauben gedreht werden: Eine Mindestbestellmenge vereinbaren, Verpackungskosten vermeiden durch das Bestellen größerer Einheiten bzw. Gebinde, Transportaufwand und Transportkosten minimieren, indem ein anderer Weg gefunden wird, wie die Produkte vom Bauernhof zum FoodCoop-Lager kommen, ...
Was tun wenn Produzentinnen absagen?
Bringt zumindest den Grund für die Absage in Erfahrung, eventuell ist das Problem leicht gelöst. FoodCoops sind sehr flexible Modelle, Anlieferzeiten, Transportwege sind schnell angepasst. Gerade direktvermarktende Betriebe sind zeitlich oft voll ausgelastet und sagen bei zusätzlichen Anfragen pauschal ab. Habt ihr ihnen erklärt, dass der zeitliche Aufwand viel geringer ist als auf Bauernmärkten?
Einschulung der Lieferantinnen
Den Lieferantinnen sollten vor allem am Beginn Unterstützung angeboten werden, vor allem wenn von ihnen erwartet wird, dass sie eigenständig eine Software oder ein anderes digitales Medium verwenden. Ihr könnt z. B. einen eigenen Infoabend nur für die Lieferantinnen organisieren, dort können auch gleich Liefergemeinschaften gebildet werden.
Praxistipp: Spielt den Ablauf Produkte anbieten – Bestellung entgegennehmen – Waren liefern – Abrechnen einmal in der Theorie oder auch real mit einer Probebestellung durch, damit ersichtlich wird, was die Lieferantinnen alles brauchen: Einen Account für die Software, den Türcode fürs FoodCoop-Lager, eine Kontaktmöglichkeit für Sortimentänderungen, eine klar definierte Regalfläche zum Einräumen der Produkte, ...