Beziehungen mit Produzentinnen vertiefen

FoodCoops besitzen ein großes Potential für vertiefte Zusammenarbeit zwischen Konsumentinnen und Produzentinnen. Dies kann bis zur Abstimmung von Anbauplänen und A bnahmegarantien reichen. Die Initiative kann sich also in Richtung s olidarische Landwirtschaft entwickeln.

Achtung: Im an sich vorteilhaften Abholmodell lauert eine große Gefahr, denn ein direkter Kontakt zwischen Bäuerinnen und Mitgliedern ist d abei nicht nö tig. Die organisatorischen Fragen werden kurz per E-Mail geklärt und Inhaltliches oder Privates bleibt aufgrund von Zeitdruck im Alltag auf der Strecke. Damit kann der Austausch sogar unter das Ausmaß anderer Vermarktungsformen wie Bauernmärkten fallen! Beide Seiten leiden unter ein er solchen Situation. Die Mitglieder kaufen dann erst recht wieder „anonyme Produkte“, das Bedürfnis nach mehr Bezug zur Landwirtschaft und Hintergrundinfos wird nicht befriedigt. Die Lieferantinnen werden dies nicht nur an niedrigen Umsätzen zu spüren bekommen. Einer Bäuerin, die eine FoodCoop einfach nur beliefert wie ein Geschäft, entgeht dadurch die Chance, eine wertschätzende Vermarktungsform kennenzulernen, von der sie viel mehr als nur Geld haben könnte.

Das solltet ihr euren Lieferantinnen bewusst machen:

Die Vermarktung mit Hilfe von FoodCoops macht die Bäuerinnen zeitlich flexibler, sie entbindet aber die Bäuerinnen nicht gänzlich vom Vermarktungsaufwand. Sie sollten daher aktiv den Kontakt zu den Mitgliedern suchen! Eine Bäuerin, die zusätzlich zu den Lebensmitteln auch Informationen und Möglichkeiten des direkten Kontakts in die FoodCoop bringt, wird deutlich mehr Umsatz und Freude an der Initiative haben.

Die kommunikative Lieferantin

  • bietet grundlegende Infos über sich und ihre Arbeit: Betriebsbeschreibung, Produktionsweise, Philosophie, ...
  • hält ihr Angebot an Produkten aktuell und bietet Infos zu den Lebensmitteln (saisonale Besonderheiten, Inhaltsstoffe, Fotos, Rezepte, ...)
  • informiert aktiv und rechtzeitig, w enn Bestellungen nicht er füllt werden können
  • ist offen an der Teilnahme von FoodCoop-Veranstaltungen (Hofbesuche, Stammtische, ...
  • erklärt ihre Preisgestaltung
  • drückt Dankbarkeit aus, dass sich Konsumentinnen ehrenamtlich engagieren und bereit sind faire Preise zu zahlen Geht bitte nicht davon aus, dass die Lieferantinnen von selbst auf all diese Ideen kommen! FoodCoops sind für viele ein unerklärliches Gebilde, d. h. der erste Schritt muss von der Initiative kommen!

Praxistipp: Konkret könnt ihr eure Lieferantinnen zur Kommunikation ermuntern, indem ihr ihnen erklärt warum ich euch Informationen zu Produkten wünscht, welche Kommunikationsmöglichkeiten es dazu gibt und welchen Nutzen die Bäuerinnen davon haben.

Die kommunikativen Mitglieder

  • organisieren Veranstaltungen, die Möglichkeiten zum persönlichen Austausch bieten
  • liefern den Bäuerinnen Feedback (positives wie negatives)
  • informieren die Bäuerinnen über die Besonderheiten einer FoodCoop
  • drücken Wertschätzung für die oft harte bäuerliche Arbeit aus

Welche Informationen sollten an die Lieferantinnen gehen?

  • Wünsche und Feedback zu Produkten: Für eine Direktvermarkterin ist nichts schlimmer als eine Konsumentin, die eine Anregung hat oder sich auch über etwas ärgert und dies nicht mitteilt. Die Folge ist, dass Produkte nicht gekauft werden und die Bäuerin nicht weiß, warum dies so ist. FoodCoops stehen genau für das Gegenteil, also für regen gegenseitigen Austausch.
  • Änderungen von Rahmenbedingungen: Macht die FoodCoop in der Sommerurlaubszeit oder über die Weihnachtsfeiertage Bestellpause? Braucht eine FoodCoop im Herbst keine Äpfel weil ein Mitglied im privaten Garten genug Apfelbäume hat, um die FoodCoop zu versorgen? Usw.

Welche Informationen sollten nicht an die Lieferantinnen gehen?

  • Manche FoodCoops nehmen alle ihre Produzentinnen einfach in den E-Mail-Verteiler auf. Dies ist nicht empfehlenswert, weil dann auch jeder einzelne unausgegorene Diskussionsbeitrag das Postfach der Bäuerinnen befüllt. Besser ist ein gezielter und gebündelter Austausch von Informationen.
  • Für die Mitglieder ist eine FoodCoop ein sinnstiftendes Hobby, ihre wirtschaftliche Existenz hängt nicht davon ab. Für die Bäuerinnen soll sie aber ein verlässlicher Partner sein. Interne Abstimmungsprobleme werden daher auch in der FoodCoop gelöst und nicht nach außen geschoben! Konkret heißt das, die Rechnungen werden pünktlich bezahlt, auch wenn das dafür zuständige Mitglied eine längere Reise antritt und es verabsäumt hat, rechtzeitig ein anderes Mitglied als Ersatz einzuschulen.

Konkrete Möglichkeiten zum persönlichen Austausch

Bei aller Liebe zur Vielfalt an Möglichkeiten modernere Kommunikation ist das persönliche Gespräch weiterhin unersetzbar. Dafür sollten in der FoodCoop immer wieder mal Raum geschaffen werden. Möglichkeiten hierfür sind:

  • Konsumentinnen-Produzentinnen-Stammtisch
  • von der FoodCoop organisierte Themenabende und Diskussionsrunden
  • Teilnahme von Lieferantinnen am Plenum (nur sinnvoll wenn passende Themen besprochen werden) Verkostungsstand im FoodCoop-Lager während der Abholzeit
  • Besuche auf Bauernhöfen -> „Speisereisen“

Speisereise

In FoodCoops hat sich für den Besuch auf Bauernhöfen das Wort „Speisereise“ etabliert. Zumindest zwei Mal pro Jahr sollte eine organisiert werden. Das Ausmaß reicht von einer einstündigen Hofführung bis zu einem mehrtägigen Praktikum. Die Speisereise kann mit anderen FoodCoops gemeinsam gemacht werden, die von denselben Bäuerinnen beliefert werden. Ebenso können gleich mehre Bauernhöfe hintereinander besucht werden. Von einer Speisereise profitieren Mitglieder wie Lieferantinnen. Die Konsumentinnen erhalten enein authentischen Einblick, wie ihre Lebensmittel produziert werden. Für die Bäuerinnen ist es eine effektive Methode der „Kundenbindung“. Häufig steigen die Umsätze nach einer Speisereise, weil die Mitglieder gerne von „ihrem“ Betrieb Produkte beziehen. Sie entwickeln ein Verständnis für die Abläufe in der Landwirtschaft und fragen verstärkt saisonale Produkte nach. Dieser Nutzen ist für die Lieferantinnen nicht automatisch ersichtlich, ein Vorgespräch ist daher sinnvoll. Dabei kann auch gleich über ein weiteres wichtiges Thema geredet werden: Eine Speisereise setzt eine gewisse Offenheit bei den Lieferantinnen voraus, denn für Bäuerinnen ist es meist nicht alltäglich, dass eine Gruppe kritischer Konsumentinnen den Arbeits- und auch privaten Lebensalltag begutachtet. In einem Vorgespräch kann erklärt werden, dass es sich nicht um eine Kontrolle (aufgrund anderer Erfahrungen reagieren dar auf nicht wenige Bäuerinnen „empfindlich“), sondern um einen wertschätzenden Besuch und einen Austausch auf Augenhöhe handelt.

Organisation

Der Organisationsaufwand für eine Speisereise ist überschaubar, im Prinzip geht’s nur um das Finden von einem Termin. In der bäuerlichen Arbeitssaison gibt es Zeiten mit mehr oder weniger „Luft“ für Besuche. Gleichzeitig soll der Termin auch möglichst passend für möglichst viele Mitglieder sein (alle können nie).

Praxistipp: Erfragt bei einem Bauernhof zwei bis drei Terminvorschläge, dann könnt ihr per „doodle“ gemeinsam den besten Termin für die Gruppe auswählen.

Dokumentation

Die Eindrücke der Speisereise sollen auch für die Nachwelt festgehalten werden, dazu braucht es zumindest eine Person die ein Protokoll schreibt bzw. einen Bericht verfasst und eine Person die Fotos macht. Nach der Speisereise kann dann an alle Mitglieder ein Dokument verschickt werden, ein Plakat in der FoodCoop aufgehängt werden oder sogar ein Infoabend veranstaltet werden. Warum ist das so wichtig?

Ziel einer FoodCoop ist es, dass jedes Mitglied jeden Bauernhof zumindest einmal besucht hat. Die Erfahrung zeigt, dass dieser Zustand praktisch unmöglich zu erreichen ist, denn es haben nie alle an dem einen Termin Zeit und es kommen ja auch neue Mitglieder erst nach der Speisereise dazu. Für die nicht dabei gewesenen Mitglieder ermöglicht die Dokumentation zumindest eine indirekte Information.