Was leisten FoodCoops tatsächlich?

  • FoodCoops sind eine ehrliche und authentische Bezugsmöglichkeit von Lebensmitteln abseits von Werbebeschallung, Lockangeboten oder überteuertem Luxusambiente.

  • FoodCoops schaffen Absatzwege auch für „nicht marktfähige“ Lebensmittel. Große Chargenmengen oder standardisierte Verpackungen mit Profi-Design sind nicht nötig, das Obst muss weder glänzen, noch cm-Normen entsprechen, Kleinmengen und saisonale Zusatzprodukte sind gerne gesehen.

  • In FoodCoops geht’s nicht nur um eine geschäftliche Beziehung mit Produzentinnen. Die Konsumentinnen denken über den Tellerrand hinaus, ihr Essen soll nicht auf Kosten anderer Menschen oder der Umwelt erzeugt werden. Auf die Situation der Bäuerinnen wird eingegangen, die Mitglieder vermitteln „ihren“ Produzentinnen Dankbarkeit und Wertschätzung für ihre Arbeit.

  • FoodCoops sind sozialer Treffpunkt und tragen zur (Wieder-)Belebung von Gemeinden und Grätzln (Stadtvierteln) bei. Die Anonymität beim individuellen Einkauf wird durchbrochen. Das soziale Netzwerk sorgt für gegenseitige Unterstützung, nicht nur in FoodCoop-spezifischen Angelegenheiten. Oft entstehen durch FoodCoops langjährige Freundschaften.

  • FoodCoops leisten einen Beitrag zur Regionalentwicklung und werden daher auch gezielt gefördert: Die Agenda 21 Oberösterreich unterstützte im Rahmen des Förderschwerpunkts „Appetit auf Zukunft“ insgesamt sieben FoodCoops in Agenda 21 Gemeinden und Regionen in der Gründungsphase. FoodCoops können einen wichtigen Beitrag leisten, um die Lebens- und die Umweltqualität in der Gemeinde und Region zu stärken und für diese Themen auf vielen verschiedenen Ebenen Bewusstsein zu schaffen. Die Projekte weisen aber auch einen sehr hohen Mehrwert in sozialer Hinsicht auf. Neue Treffpunkte und „Engagement-Räume“ werden in einer Gemeinde geschaffen. FoodCoops wirken damit in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit. FoodCoops eignen sich als „Andockstelle“ für interessierte Menschen, die sich in der Gemeinde engagieren wollen und die nicht zur „klassischen“ Zielgruppe der Agenda 21 Arbeit gehören, beispielsweise junge Familien. Des Weiteren kann man beobachten, dass im Umfeld von FoodCoops auch andere Initiativen zur nachhaltigen Gemeinde- und Regionalentwicklung bzw. zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts in einer Kommune entstehen, die auch zur Umsetzung der Agenda 21 Ziele einer Gemeinde beitragen.“ (Zitat von Johannes Meinhart, Regionalmanager Nachhaltigkeit und Umwelt.)

  • FoodCoops machen Konsumentinnen zu mündigen Bürgerinnen.

    FoodCoops heben die „Black Box“ zwischen Erzeugerinnen und Verbraucherinnen auf. Im Dialog mit allen Beteiligten entstehen Transparenz, Wertschätzung und Vertrauen.

    Die Selbstorganisation einer FoodCoop, bzw. die Mitbestimmung aller Mitglieder, ist ein herausragendes Merkmal des Modells. Dadurch wird den Konsumentinnen ermöglicht, ihre passive Rolle als letztes Glied der Wertschöpfungskette zu verlassen. Üblicherweise gibt die Lebensmittelbranche das Angebot vor, Informationen über interne Abläufe und Auswirkungen bleiben oft im Dunkeln. Solch eine „Black Box“ entsteht in FoodCoops nicht, denn hier steht die Gemeinschaft im Zentrum des Geschehens. Alle Beteiligten tauschen sich untereinander aus. Die Mitglieder profitieren nicht nur von gesunden und hochwertigen Lebensmitteln, sie erhalten ebenso unverfälschte Informationen z u Produktionsweisen und Geldflüssen.

    Als mündige Bürgerinnen können sie ihre Lebensmittel-Bezugsquelle frei gestalten, und somit Einfluss auf Sortiment-Zusammensetzung, faire Behandlung von Lieferantinnen, Preispolitik usw. nehmen.

    Praxisbeispiel: Ein neues Produkt wird nicht einfach ins Sortiment aufgenommen und der Kundschaft mit oberflächlichen Werbebotschaften schmackhaft gemacht. Zuerst besuchen die Mitglieder den Bauernhof und informieren sich: Wie sehen die Produktionsbedingungen aus? Arbeiten sie nach dem EU Bio-Mindeststandard oder produzieren sie nach den strengeren Richtlinien eines Bio-Verbandes (BIO AUSTIA, Demeter, ...)? Wer sind die Menschen hinter dem Produkt, wie steht es um ihre Arbeitsbedingungen? Wer verdient wieviel an dem Produkt? Welcher Preis ist angemessen? Gibt es Tipps zur richtigen Lagerung und Zubereitung? Danach wird in der Gruppe gemeinsam entschieden, ob das Produkt ins Sortiment aufgenommen wird. Auch diese Diskussion ist oft sehr lehrreich, schließlich profitiert man vom Wissen unzähliger anderer Menschen, die sich alle für das Thema Lebensmittel interessieren.

  • FoodCoops sind Lernorte, ermöglichen Bewusstseinsbil- dung und Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit. Die Mitgestaltungsmöglichkeit in einer FoodCoop erzeugt somit einen Lernraum, der eine vertiefte Auseinandersetzung rund um die Themen Landwirtschaft, Lebensmittel und Ernährung ermöglicht. Bewusstseinsbildung basiert auf authentischen Informationen aus er ters Hand und eigenen Erfahrungen. Für die W eiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit ist eine FoodCoop sehr dienlich. Dabei geht es nicht nur um Wissenserwerb, sondern auch um „soft skills“ wie konstruktives Verhalten in Gruppen oder um angewandtes Demokratieverständnis.

Was bringen FoodCoops den Bäuerinnen?

FoodCoops können einen interessanten Vermarktungsweg mit sozialem Zusatznutzen darstellen. Die verbindlichen Vorbestellungen und die fairen Preise sind betriebswirtschaftlich attraktiv. Da die FoodCoops das Verteilen der Bestellungen selbst organisieren, sinkt die zeitliche Belastung und der Vermarktungsaufwand ist flexibler gestaltbar. Der persönliche, wertschätzende Kontakt mit den Mitgliedern liefert zudem hilfreiches Feedback und Motivation für den Arbeitsalltag. Eine oberösterreichische Bio-Gemüsebäuerin beschreibt das Modell folgendermaßen:

„Der Aufwand für das Herrichten der Bestellungen ist nicht zu unterschätzen, es lohnt sich aber, und das nicht nur wegen dem Geld, sondern auch wegen dem Vertrauen der FoodCoop-Mitglieder. Durch die freundschaftlichen Beziehungen können wir die Vorgänge in der Landwirtschaft gut erklären. Da werden dann auch mal Abweichungen bei Bestellmengen oder wetterbedingte Qualitätsschwankungen toleriert.“

FoodCoops sollten jedoch hinsichtlich ihres Nutzens für Lieferantinnen nicht automatisch als "gmahde Wiesn" eingeschätzt werden. Teilweise sind die bestellten Mengen sehr gering und die FoodCoop dient in erster Linie zur Bewusstseinsbildung der Mitglieder, aber weniger als sinnvoller Absatzweg für Bäuerinnen. Darum ist das Verständnis von Seiten der Konsumentinnen unerlässlich, dass ihre Initiative für die Landwirtschaft nur dann wirklich hilfreich ist, wenn die Mitglieder auch tatsächlich und regelmäßig ihren Grundbedarf an Lebensmitteln darüber beziehen.

Weil immer wieder die Frage auftaucht, ob FoodCoops die Bäuerinnen von rechtlichen Verpflichtungen in der Produktion befreien können, sei an dieser Stelle gleich erwähnt: Können sie nicht! Für die Produkte gelten hinsichtlich Hygiene, Verpackung, Etikettierung eĦ¹. dieselben Vorschriften wie bei allen anderen Absatzwegen. Teil 4 des Handbuchs erläutert die rechtlichen Rahmenbedingungen genauer.