Anforderungen an die interne Organisation

Die folgenden Leitfragen sollen ein Grundverständnis schaffen, welche Ansprüche an die FoodCoop bzw. an die Mitglieder in punkto Arbeit gestellt werden.

Sollen in einer FoodCoop wirklich alle Mitglieder mitarbeiten?

Ja. In der Theorie kann eine FoodCoop zwar auch einwandfrei funktionieren, wenn eine handvoll Mitglieder sagt: „Uns macht das Engagement dermaßen viel Spaß und wir haben so viel Zeit, wir übernehmen alleine die Verantwortung für die FoodCoop und erledigen die gesamte ehrenamtliche Arbeit.“ Dieser Fall ist allerdings äußerst unwahrscheinlich uund bis jetzt noch nie vorgekommen. In der Praxis sind FoodCoops mit extrem ungleicher Arbeitsverteilung ein Nährboden für Frust. Die wenigen aktiven Mitglieder schlüpfen oft nicht freiwillig in die Rolle als alleinige Verantwortungsträger und fühlen sich mit der Zeit überlastet oder ausgenutzt. Im schlimmsten Fall machen sie nicht auf ihre Befinden aufmerksam und steigen resigniert aus. Durch die Abhängigkeit von diesen Einzelpersonen ist die gesamte FoodCoop-Existenz bedroht. Zudem steht das obige fiktive Beispiel im Widerspruch zu zentralen FoodCoop-Zielen, wie Selbstbestimmung und Bewusstseinsbildung. Wird die FoodCoop von ein paar wenigen (über) engagierten Personen getragen, so verharrt der überwiegende Teil der Mitglieder in der passiven, serviceverwöhnten Kundinnen- Rolle. Die Erfahrung zeigt, dass gerade das Mitentscheiden und aktive Engagement zur Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit und schließlich auch zur Weiterentwicklung der FoodCoop beitragen. Aus diesen Gründen sollte das Ziel jeder FoodCoop sein, dass wirklich alle Mitglieder einen Beitrag leisten.

Sollen alle Mitglieder genau gleich viel arbeiten?

Nein. Das übergeordnete Ziel lautet: Möglichst viele zufriedene Mitglieder, die sich gerne in der FoodCoop engagieren. Umgemünzt auf die Arbeitsaufteilung heißt das: Es soll sich niemand ausgenutzt oder überlastet fühlen, ebenso soll sich auch niemand ausgeschlossen oder „eh nicht gebraucht“ fühlen. Dazu ist es nicht nötig den Arbeitsaufwand exakt gleichmäßig zu verteilen. Abgesehen davon ist es auch illusorisch. Ohne Zugpferde, die sich mehr engagieren als andere Mitglieder, kommt keine FoodCoop aus.

Die Lebensumstände der Mitglieder sind unterschiedlich, ebenso Fähigkeiten und Charakter. Die einen setzen gerne generelle Impulse in einer Gruppe, andere fühlen sich wohler, wenn sie Detailaufgaben übernehmen.

Zudem stellt sich die Frage, wer kontrollieren würde, dass auch alle exakt gleich viel Zeit investieren. Der nötige Zeitaufwand dafür sollte besser in bereichernde Aufgabenbereiche investiert werden.

Soll es Mindestanforderungen für das Engagement geben?

Ja. Klare Regeln sind empfehlenswert. Dabei geht es nicht um punktgenaues Einhalten oder gar Sanktionieren von Verstößen, sondern um eine grundsätzliche Orientierung, die vor allem für neueinsteigende Mitglieder sehr wichtig ist.

Praxisbeispiel:
So kann eine Regelung aussehen:

  • Jedes Mitglied macht mindestens zweimal pro Jahr Abholdienst.
  • Jedes Mitglied kommt mindestens einmal pro Halbjahr zum Plenum.
  • Jedes Mitglied übernimmt punktuell zusätzlich anfallende Aufgaben, indem es sich in Arbeitsgruppen engagiert oder Schlüsselfunktionen übernimmt.

In Kapitel 3. 1 .2 werden die Bedeutung von Abholdienst, Schlüsselfunktionen, Arbeitsgruppen und Plenum genauer erläutert. In Summe ergibt sich ein geschätzter Mindestzeitaufwand von 20 Stunden im Jahr.

Gibt es in einer FoodCoop zu jeder Zeit gleich viel Arbeit?

Nein. Eine FoodCoop lebt mit ihren Mitgliedern mit, die meisten anfallenden Arbeiten müssen nicht zu gewissen Zeitpunkten erledigt werden und können daher gut an die gerade vorhandenen Ressourcen (Zeit und Motivation) angepasst werden.

Gewisse Aufgaben sind allerdings verlässlich jede Woche zu erledigen. Dazu zählen das Organisieren der Sammelbestellungen und das Abholen der Produkte. Doch selbst hier können Auszeiten genommen werden, z. B. kann eine FoodCoop über die Weihnachtsferien oder in der Haupturlaubszeit im Sommer das Bestellen gänzlich einstellen.

Anders als für die Mitglieder haben FoodCoops für Produzentinnen auch eine wirtschaftliche Bedeutung und den Lieferantinnen ist geholfen, wenn sie Produktionsmengen im Voraus abschätzen können. Bei Auszeiten ist daher ein geplantes Vorgehen, vor allem ein rechtzeitiges Informieren der Lieferantinnen, angebracht.

Das bedeutet nicht, dass die anderen Arbeitsbereiche unwichtiger sind, sie sind nur zeitlich flexibler! Eine FoodCoop ist mehr als eine Bestell/Abhol-Initiative, sie lebt von der Gemeinschaft, und diese gehört gepflegt! Motivierende Impulse ergeben sich gerade in den zusätzlichen Aufgabenbereichen. Werden in einer FoodCoop über längere Zeit nur die Kernaufgaben erledigt, so besteht die Gefahr, dass die gesamte Initiative „einschläft“. Außerdem werden so einige Ziele, wie etwa Bewusstseinsbildung, nicht erreicht.

Es ist nicht schlimm, wenn eine FoodCoop einige Monate lange keine Veranstaltung organisiert, in der die Mitglieder in direkten Kontakt mit den Lieferantinnen kommen können. Passiert dies allerding nie, so ist die Frage gerechtfertigt, was denn die FoodCoop von einem anonymen Bestellwebshop unterscheidet. Bei Mitgliedern die der FoodCoop beigetreten sind, um mehr über ihre Lebensmittel zu erfahren, kann die Motivation schwinden. Sie werden sich weniger engagieren, weniger bestellen, ... Daher ist es wichtig, regelmäßig Impulse zu setzen!