Wie funktioniert eine FoodCoop?
Bei einem ersten Blick in ein „FoodCoop-Lager“ stechen einem die Regale mit Lebensmitteln ins Auge. Dadurch werden womöglich Erinnerungen an einen Greißler geweckt. Manche mögen auch einen etwas unorthodox geführten Bioladen vermuten. Diese Eindrücke täuschen, denn eine FoodCoop hat sehr wenig mit einem klassischen Geschäft zu tun, am ehesten ist das Modell noch als „gemeinsame Selbstbedienungs-Speisekammer“ beschreibbar. Jeden-falls müssen ein paar gewohnte Denkmuster aufgegeben werden, denn: Eine FoodCoop ist kein Geschäft und macht auch keines!
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Eine FoodCoop wird nicht von einer Betreiberin geführt, die mit ihrer Tätigkeit ihren Lebensunterhalt verdienen möchte. Das Modell basiert auf der möglichst direkten Zusammenarbeit von Konsumentinnen u nd Produzentinnen. Eine FoodCoop betreibt keinen Zwischenhandel, somit fallen auch Preisaufschläge wie in klassischen Geschäften weg.
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In einer FoodCoop gibt es keine Bedienung, also keine Angestellten, die in der Feinkostabteilung Wünsche entgegennehmen oder an der Kassa sitzen. Die Mitglieder stellen sich ih re Vorbestellungen selbst zusammen und rechnen in der Regel auch alleine ab. Die Gemeinschaft setzt auf gegenseitiges Vertrauen, die paar Dutzend Mitglieder kennen sich untereinander, externe, „unbeteiligte“ Laufkundschaft gibt es nicht.
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Keine Betreiberin, keine Angestellten, wer sorgt dann dafür, dass „der Laden läuft“? Es ist eben kein Laden. Darum sind die Konsumentinnen in einer FoodCoop auch keine Kundschaften, sondern aktive & verantwortungsbewusste Mitglieder der Initiative. Allgemein anfallende Arbeiten – vom Regale putzen über Öffentlichkeitsarbeit - werden durch die Gemeinschaft erledigt. Alle sind aufgerufen mitzuarbeiten, im Schnitt zwei bis fünf Stunden pro Monat. Die Verwendung einer FoodCoops-Software reduziert den Arbeitsaufwand.
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Wie die interne Organisation genau funktioniert, ist in Teil 3 „Eine FoodCoop betreiben“ ausführlich beschrieben. An dieser Stelle sei nur gesagt: Es geht nicht um starre Dienstpläne, jedes Mitglied hat mal mehr, mal weniger Zeit. Die grundsätzliche Motivation für ehrenamtliches Engagement ist jedoch Voraussetzung, um über eine FoodCoop Lebensmittel beziehen zu können.
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In FoodCoops gibt es keine Chefetage , auch keinen klassischen Vereinsvorstand. Alle Mitglieder sin d gleichberechtigt, sämtliche Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Die Einbindung aller ist der Grundstein für ein e möglichst ausgeglichene Arbeitsverteilung. Auch dieses Merkmal wird in Teil 3 des Handbuchs näher erklärt.
Dir fehlt noch die konkrete Vorstellung wie das funktionieren soll? Hier ein beispielhafter Einblick in den Wochenrhythmus einer FoodCoop:
Eine Woche in einer FoodCoop
Wochenbeginn – Die Bäuerinnen geben ihr akutelles Angebot bekannt, per E-Mail oder direkt in der FoodCoop-Software (eine Art Webshop). Bei der Gemüsebäuerin sind die gelagerten Pastinaken aus, dafür gibt’s die ersten Fisolen der Saison, aber maximal 5 kg. Sie bietet daher 10 Einheiten Fisolen zu je einem halben Kilo an. Zusätzlich zum wöchentlichen Fixsortiment gibt’s diesmal Bio-Rindfleisch, denn die Bäuerin schlachtet nur einmal im Monat.
Ein Mitglied hat die Aufgabe übernommen, wöchentlich an alle anderen Mitglieder eine Bestellerinnerung mit aktuellen Infos per E-Mail zu senden. Im Anhang gibt’s ein Dokument über Haltungsbedingungen der Biorinder, das die Bäuerin erstellt hat.
Dienstag Mitternacht – Bestellschluss. Es haben diese Woche 34 Mitglieder bei 13 Bauernhöfen vorbestellt. Jeder dieser Betriebe erhält eine Sammelbestellungen per E-Mail.
Freitag im Lauf des Tages – Anlieferung der Produkte. Die Bäuerinnen bringen die vorbestellten Waren in das FoodCoop-Lager (sie kennen den Nummerncode von der Eingangstür), räumen ihre Produkte an zugewiesene Regalplätze und nehmen leere Pfandflaschen mit. Wenn ein Bestellwunsch nicht erfüllbar ist, haben sie das entweder schon selbst in der Bestellsoftware storniert oder sie informieren den Abholdienst.
Die drei Betriebe aus dem Nachbarbezirk haben sie sich zu einer Liefer-/Fahrgemeinschaft zusammengeschlossen. Von einem
Bauernhof nimmt ein Mitglied die Produkte mit, es fährt am Heimweg von der Arbeit ohnehin direkt bei dem Betrieb vorbei. Spätestens eine Stunde vor Beginn der Abholzeit sind alle Vorbestellungen im FoodCoop-Lager eingetroffen.
Freitag Nachmittag – Abholen der vorbestellten Produkte im Abhollager durch die Mitglieder. Zwei Mitglieder haben diese Woche „Abholdienst“, d. h. sie kommen eine Stunde vor allen anderen und bereiten die Abholzeit vor (kontrollie- ren die Lieferungen, kochen Tee/Kaffee etc.).
Dann beginnt die zweistündige Abholzeit, das wöchentliche „Highlight“ in der FoodCoop. Die Mitglieder haben Pfandflaschen und Sackerl mit, suchen sich ihre Bestellungen selbst zusammen und rechnen auch eigenständig ab. Das funktioniert bargeldlos mit einem Guthabensystem.
Der Abholdienst wirft einen Blick auf den Einkaufskorb und die Abrechnung von jedem Mitglied, um Fehler zu vermeiden. Denn wenn irrtümlich das Himbeerjoghurt statt dem Erdbeerjoghurt aus dem Kühlschrank genommen wurde, bekommt ein anderes Mitglied Erdbeerjoghurt statt Himbeerjoghurt. Es gibt gewiss größere Probleme auf dieser Welt, aber sowas kann auch schon mal n erven.
Im Nebenraum des FoodCoop-Lagers gibt’s Tee und Kaffee, ein Mitglied hat Kuchen mitgebracht, eine Bäuerin hat ein paar Kostproben von einem neuen Produkt mitgeliefert. Es wird über den aktuellen Kinofilm diskutiert, eine Doku- mentation über Landwirtschaft. Dabei entsteht die Idee, einen öffentlichen Diskussionsabend mit den FoodCoop- Lieferantinnen zu organisieren. Die Mitglieder wollen schließlich wissen, ob es „ihren“ Bäuerinnen auch so geht wie im Film dargestellt, und ob FoodCoop einen positiven Effekt auf die regionale Landwirtschaft hat. Der Punkt kommt gleich auf die Tagesordnung des nächsten Plenums (= Mitgliedertreffen).
Ein paar Mitglieder schaffen es nicht, innerhalb der Abholzeit zu kommen. Ein es dieser Mitglieder bittet die Nachbarin (ebenfall s Mitglied), ihr die Sachen mitzunehmen. Ein anderes Mitglied meldet sich beim Abholdienst, dass es erst nach der Abholzeit vorbeikommen kann und fragt nach dem Nummerncode der Eingangstür. Das dritte Mitglied lässt nichts von sich hören. Die Mitglieder müssen die Waren auch bei Nichtabholung bezahlen, außerdem wäre es schade, wenn der frische Salat liegen bleibt. Also ist der Abholdienst so nett und ruft das Mitglied an. Aha, Kind krank, aufs Abholen vergessen – kann vorkommen! Das Mitglied schickt eine Angehörige zum Abholen vorbei. Die herbeieilende Schwiegermutter ist anfangs verunsichert, nach einer kurzen Erklärung und einer Tasse Tee letztlich entzückt: „Wie früher im Kramerladen, da ging es auch immer mehr ums Tratschen als ums Einkaufen.“ Der richtige Zeitpunkt, um ihr das bereitliegende Infoblatt „Wie werde ich Mitglied?“ in die Hand zu drücken ...
Ende der Abholzeit. Alle Mitglieder helfen ein wenig mit beim Zusammenräumen. Der Abholdienst verlässt als letzter das FoodCoop-Lager. Einige Mitglieder gehen noch miteinander ins Wirtshaus ums Eck.